Yamadori
.....
.... bedeutet übersetzt aus dem Japanischen:
„.....Pflanzen in den Bergen sammeln .....“ und stellt mit Sicherheit die Krönung
beim Sammeln bzw. Gestalten von Bonsai dar. - Aufgrund unzähliger
Erschwernisse und Strapazen wird das Ausgraben im Gebirge aber nur von
wenigen Bonsaifreunden praktiziert.
Grundsätzlich
ist das Sammeln von Bäumen in der Natur nur mit Genehmigung der
Grundeigentümer bzw. der zuständigen Forstverwaltung zulässig.
Landschafts- und Naturschutzgebiete sind zum Ausgraben TABU!
Vorausgesetzt
wird beim Sammeln am Berg ein verantwortungsbewusster Umgang mit der
Natur, dass z.B. nicht bei Wandertouren im Hochsommer Bäume ausgerissen
werden, die 100%ig eingehen. Außerdem sollte man unbedingt die nötige
(gärtnerische) Erfahrung besitzen. – Ansonsten wird man trotz aller
Begeisterung für die Gebirgsbäumchen unweigerlich zum Baummörder!
Für
die Bäume ist der Verlust von Blatt- und Wurzelmasse, die klimatische
Umstellung sowie die gravierenden Veränderungen in Bezug auf
Erdsubstrat, Niederschlagsmenge, Luftfeuchtigkeit, Temperatur usw. sehr
oft der Grund, dass sie die Prozedur des Ausgrabens nicht überleben.
Auch wenn diese „Baumkrüppel“ klein und verbogen sind, haben sie
wichtige Funktionen, wie z.B. Schutz vor Lawinenabgängen,
Erosionsschutz, Versteck- oder Nistmöglichkeit und Nahrung für Tiere
etc.
All
diese Punkte sollte man sich immer vor Augen führen, bevor man in die
Berge zum Ausgraben geht.
Als
beste Zeit zum Ausgraben eignen sich die Wochen im Frühling, von April
bis Juni, je nach Schneelage im Gebirge, besonders für Lärchen,
Fichten, Wacholder und Kiefern. Im September/Oktober können vor allem
noch Bergkiefern (Pinus mugo) sehr gut und erfolgreich geborgen werden,
da diese Kiefern ihr Wachstum bereits Mitte/Ende August abschließen und
im Herbst sogar noch ein Wachstum der Wurzeln stattfindet. Laubbäume
sollten generell nur im Frühjahr (bevor die Knospen schwellen)
ausgegraben werden.
Bestens
eignen sich zum Bergen von bonsaitauglichen Bäumen im Gebirge Höhenlagen
zwischen 1300 und 2200m Seehöhe, sehr gut sind die Bereiche der
Baumgrenze, eine „Kampfzone“, in der besonders skurrile Bäume zu
finden sind. Bäume, die in Felssturzgebieten, Steilwänden, Felsmulden
usw. geborgen werden, weisen sehr oft ein weitaus kompakteres Wurzelwerk
auf, als Bäume, die auf wesentlich nahrhafteren Almböden mit weit
verzweigtem Wurzelsystem stehen.
Vor
dem Ausgraben wird das Grün des Gehölzes auf ein notwendiges Maß
reduziert, aber ACHTUNG: besonders bei Kiefern, aber auch bei allen
anderen immergrünen Nadelgehölzen sollte man nicht zu massiv zurückschneiden.
Sie können aufgrund einer zu starken Reduktion der Assimilationsfläche
absterben. Lärchen und alle Laubbäume können ohne Probleme stärker
zurückgeschnitten werden. - Man gleicht somit das Verhältnis Krone
(Blattgrün) – Wurzeln aus.
Zuerst
wird loses Material und Gestein um den Baum entfernt. Zum Ausgraben
verwende ich eine Baumschere, eine handliche Klappsäge, einen kleine
Brechstange und natürlich meine beiden Hände. Mit einer Schaufel oder
einem Spaten ist man im Gebirge zumeist fehl am Platz.
Die
allerbesten Anwuchserfolge erzielt man mit Bäumen, die in Felsmulden
oder direkt auf großen Steinen oder Felsen wachsen. – Man braucht
diese Pflanzen eigentlich nicht auszugraben, sondern nur von der
Fundstelle abzuheben (evtl. müssen noch einige wenige Wurzeln
durchtrennt werden). Diese Findlinge weisen einen sehr kompakten
Wurzelballen auf, können evtl. sofort in eine Bonsaischale gepflanzt
und sehr oft bereits nach einem Jahr gestaltet werden.
Wichtig
ist, dass der freigelegte Wurzelballen sofort in feuchtes Moos (falls
vorhanden) oder in mitgebrachte, feuchte Tücher bzw. Vliesstücke
eingepackt wird, um ihn vor dem Austrocknen zu schützen. Die feuchten
Tücher um den Erdballen werden anschließend mit Juteballentüchern,
wie sie in Baumschulen erhältlich sind, zusammen gebunden. Auch ein
Plastikbeutel kann zum Verpacken verwendet werden.
Zu
Hause angekommen, wird der Baum umgehend eingetopft. - Entweder in eine
zurechtgezimmerte Holzkiste (mit ausreichend Abzugslöchern), einen
geeigneten Plastiktopf oder eine große Bonsaischale. Als Substrat
verwende ich eine durchlässige Mischung aus Akadama, Granit- und
Kalkkies. - Jeder muss beim Pflanzsubstrat für Yamadoris aber seine
eigenen Erfahrungen sammeln ....... Wichtig ist eine ausreichende
Verankerung/Fixierung des Baumes mit Stützstäben, Draht usw. im
Pflanzgefäß, damit später nicht durch Wackelbewegungen neugebildete
feine Wurzeln abreißen.
Keinesfalls
sollte der Wurzelballen sofort auf Schalengröße zurecht geschnitten
werden. Wenn es erforderlich ist, nimmt man eben unmittelbar nach der
Bergung eine größere Holzkiste. – Aber VORSICHT: ein zu großes
Pflanzgefäß ist auch nicht optimal, weil es dadurch zu viel
Bodenfeuchtigkeit und Wurzelfäule kommen kann.
Vordergründig
sollte der frisch ausgegrabene Baum einmal überleben, der Wurzelballen
kann auch noch nach ein, zwei oder drei Jahren, wenn sich die Pflanze
erholt hat und kräftig genug ist, reduziert werden.
Nach
dem Eintopfen stellt man das Pflanzgefäß am besten in ein größeres
Wasserbecken, sodass sich Wurzelballen und Substrat voll saugen können
und es somit zu einem optimalen Bodenschluss (ohne größere Hohlräume
im Substrat) kommen kann.
Das
größte Problem stellt nun für den im Frühjahr gesammelten Yamadori
der Klimawechsel dar. - Während auf den Bergen erst oft gegen Ende Mai
/ Anfang Juni der letzte Schnee schmilzt, sich die Temperaturen um den
Gefrierpunkt oder nur wenig darüber bewegen und somit erst sehr spät
ausgegraben werden kann, herrschen im Tal bereits hochsommerliche
Temperaturen um die 25 - 30°C.
Im
Herbst fällt dieses Problem zumeist weg. – Der Baum kann nach der
Winterruhe „normal“ (ohne Stress) austreiben und ihm bleiben die
enormen Temperaturunterschiede erspart.
Anfangs
sollte man für Yamadoris einen halbschattigen und windgeschützten
Standort wählen. Gewässert wird eher sparsam, da frisch ausgegrabene Bäume
eher wenig Wasser aufnehmen und für die Wurzelbildung viel Luft im
Substrat nötig ist. - Wenn der Baum überlebt und im folgenden Jahr
austreibt, kann er sonniger gestellt werden.
Hat
man das erreicht, sollten einige, jedoch mindestens 1 – 2 Jahre KEINE
Gestaltungsmaßnahmen vorgenommen werden. – Es macht erst Sinn, den
Baum zu gestalten, wenn er vollkommen vital ist und einige
Vegetationsperioden (im Tal) gesund ausgetrieben hat.
Wenn mit
Arbeiten am Baum begonnen wird, sollte man entweder zuerst gestalten
oder den Baum in eine Bonsaischale pflanzen. – Beides würde den
Yamadori zu viel stressen und das sollte unbedingt vermieden werden.
VIEL
ERFOLG!
Dieser
Bericht ist wesentlich umfangreicher und bebildert im BONSAI Magazin (Ausgabe 90) des Bonsai Club Deutschland nachzulesen und wurde
2007 im amerikanischen BONSAI today - Magazin (Ausgabe Nr. 108) veröffentlicht.
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